Insgesamt bereue ich mein Auslandssemester überhaupt nicht. Wenn ich es nochmal wiederholen sollte, müssten sich jedoch mindestens einige Dinge von der folgenden Liste ändern. Beschwerde ab! Die Reihenfolge sagt übrigens nichts aus.
1 Meine Mitbewohner
Hätte ich nicht mit ihnen auf engstem Raum zusammenwohnen müssen, hätten zumindest Fabio und ich gute Freunde werden können. Leider waren meine beiden Mitbewohner Erstsemester und haben so gut wie nie irgendwas aufgeräumt oder geputzt. Dazu waren sie beide immer bis lang in die Nacht auf und sehr laut. Ich wache blöderweise bei jeder Kleinigkeit auf und war so sehr oft morgens unausgeschlafen, aggressiv und grummelig. Komisch fand ich anfangs auch, dass nie irgendwer das Licht ausschaltet. Strom sparen scheint niemand zu kennen. Sollte ich noch ein Auslandssemester machen, würde ich unter keinen Umständen noch einmal mit zwei Unbekannten ein Zimmer teilen, dafür bin ich echt nicht gemacht.
2 Das Bier
Die Bierpreise sind super. Was nicht so super ist, sind die bulgarischen Biersorten. Sie schmecken zwar nicht total schlecht, doch mein Magen und meine Verdauung mögen diese Biere überhaupt nicht. Möglicherweise hat das auch mit der Kombination mit dem nächsten Punkt zu tun. Zum Glück kann man aber auch zu Heineken oder Tuborg greifen und bekommt so ein okayes Bier. Ich habe mich beim Heimkommen sehr über mein Hacker gefreut.
3 Das Essen
So gut wie alles, was ich in Bulgarien gegessen habe, war mäßig. Manches eklig, weniges gut. Richtig genervt hat, dass die Mensa zwar sehr schick aussah, das Essen dort jedoch total schlecht war. Ich hatte ein paar richtig merkwürdige Gerichte in verschiedenen Resataurants. Eine Thunfischpizza ohne Käse. Hühnchen, das nach Fisch geschmeckt hat. Burger die zur Hälfte Mayonnaise waren. Und obwohl es um die Ecke ein Kaufland gab, war das Essen, das es dort zu kaufen gab auch deutlich anders zum deutschen Kaufland. Keine Wurst außer Salami, fast nur weißer Käse. Richtig schlechte Müsliauswahl und das, worüber alle Deutschen sich immer beschweren, kein gutes Brot.
4 Kein Kaffee
Normalerweise koche ich mir morgens eine Kanne Kaffee und trinke die gemächlich bis mittags. In Bulgarien angekommen beginnt der kalte Entzug. Wenn man hier Kaffee bestellt, bekommt man einen Esspresso und den mag ich nicht. Kaffee, wie man ihn in Deutschland kennt, gibt es fast nirgendwo. Nach den ersten Wochen habe ich auf dem Weg zur Uni ein Café mit einem mäßigen Cappuccino entdeckt. Den gab es dann als minderen Ersatz am Morgen. Neben dem Esspresso, der hier Kaffee heißt, gibt es total viele Nescafé Mischungen und Instantkaffee. Mit dem Zeug kann man mich aber auch jagen.
5 Unfähige Professoren
Es ist wahrscheinlich schwer, fähige Informatikprofessoren mit guten Englischkenntnissen im tiefsten Bulgarien zu finden. Die Hälfte meiner Profs waren trotzdem gut, die andere Hälfte leider ein Albtraum. Zwei sprachen deutlich schlechter Englisch als ich, was anstrengend wird, wenn man dabei noch etwas über komplizierte Algorithmen lernen soll. Es fällt mir schwer über die Profs zu meckern, weil ich sie zwar gerne nicht gehabt hätte, sie dabei jedoch alle super nett waren.
6 Zu viel Party
Es stimmt, was man über Erasmusstudenten sagt. Sie feiern ohne Ende. Nun bin ich aber schon 24 Jahre alt und fühle mich schon fast zu alt dafür, versuche meinen Notenschnitt zu heben und bin in einer festen Beziehung. Ich war nicht primär zum Feiern da. Feiert man aber nicht mit, gehört man nicht mehr so ganz dazu. Also muss man auch mal mit und die Masse bei ihren Exzessen beobachten, während man konstant Drinks ablehnt. Habt ihr schon mal versucht, einen gratis Tequila Shot von einem großen betrunken Amerikaner abzulehnen? Kann anstrengend sein.
7 Krankheit
Ich habe dieses Semester einen persönlichen Rekord aufgestellt und bin satte drei Mal krank geworden. Jedes Mal für eine knappe Woche. Dadurch habe ich viel langweilige Zeit in meinem Bett gelegen und versucht, bei dem Lärm den meine Mitbewohner oft veranstalten, zu schlafen. War nicht so spaßig. Woran es liegt, dass ich so oft krank war, weiß ich nicht. Ich hoffe nur das gilt als Anzahlung und ich komme nächstes Semester ohne Krankheit durch.
8 Klischees
Es ist zwar lustig zu sagen, dass die Klischees der einzelnen Länder sich oft erfüllt haben, nicht so lustig ist es dann, immer 30 Minuten zu warten, bis die Spanier auftauchen. Oder mit der Arroganz der Amerikaner klar zu kommen. Oder sich täglich zehn Hitlerwitze anhören zu müssen. Oder sich mit veralteten Sichten auf die Rolle der Frau, Sexualität und Rassismus auseinanderzusetzen.
9 Heimweh
Das Gras auf der anderen Seite ist immer grüner. Und auf der grünen Wiese sitzt meine Freundin mit einem Kaffee in der Hand. Ich bin jemand, der mit einer Fernbeziehung eher gut klar kommt. Dennoch sind vier Monate eine lange Zeit. Auch meine Freunde kamen viel zu kurz. Zwar sind wir in den Belangen etwas merkwürdig und pflegen unsere Freundschaften durch Teamspeak, statt im echten Leben, aber Teamspeak war durchs Uninetz nicht erreichbar. Total blöd.
Da Bier, Essen und Kaffe sehr ähnlich sind hier noch ein geheimer zehnter Punkt: Ein Erasmussemester ist verdammt viel Papierkram. Ich bin froh wieder zurück zu sein und schreibe das hier gerade auch mit einem Kaffee vor mir in meinem eigenen, leisen Zimmer! Und morgen fahre ich wieder zu meiner Freundin, juhu! Ich denke ich werde noch einen letzten Post zum Auslandsemester machen in dem ich alles zusammenfasse. Danach widme ich mich wieder anderen Dingen. Bis dahin!